Wie die Nacht noch in tiefen Wehen lag und Fritzens Träume grausam regierte, ertönten in der Ferne schon die heulenden Kehlen der Windhunde, die den texanischen Headhuntern als Vorhut dienten. Nicht lange konnte es dauern bis die Feinde das kläglich geschützte Nachtlager finden und sich mit ihren Peitschen über Fritzens adonischen Körper hermachen würden. Luigi war auf einer nur strähnig bewaldeten Kuppe kollabiert und am Fuße eines großen herzförmigen Felsbrockens eingegangen. Die Stelle war von weitem sichtbar und hätte sich nur dann als Nachtlager angeboten, wenn ein getarntes und geschultes Auge das Tal durch ein G22 Scharfschützengewehr observiert hätte. Fritz Müller jedoch war nicht nur allein und unzureichend bewaffnet, nein, er war sich des drohenden Unheils nicht einmal gewahr, denn noch immer schlief er den Schlaf der Seligen, im Innersten zwar geschändet und zerrissen von den Alben, die nicht nur auf den Brüsten thronen, doch auch auf wundersame Weise geborgen wie der kleine Hoffnungsschimmer in jedem aufgebeulten Mutterleib. Die Jäger hatten nicht nur den Vorteil der Überraschung, von dem schon Carl Philipp Gottlieb von Clausewitz wusste, auf ihrer Seite, sie führten auch schweres Geschütz, Gasmasken, Gameboys und Nachtsichtgeräte mit sich und waren überdies kaum von Müdigkeit gezeichnet, da sie täglich neben großen Mengen an Antidepressiva auch gewaltige Portionen an Methylphenidat und Modafinil verspeisten, leckere kleine Nachthupferl, die ihnen die Clean War Corporation gegen ADHS verschrieb.
Doch als sei in den weiten Himmeln über uns in der Tat eine schützende Mutter zu Hause, die uns in kalten Zeiten in verstreuten Leibern wärmt und bettet und allzeit stark über uns wacht, begann im letzten Augenblicke der Schnee in weichen großen Flocken aus den Wolken zu fallen, die wie Illusionen aufgezogen waren. Und alsbald hatte sich ein weißer Teppich über den Lagerplatz gezogen, der alle Spuren, Fritzens Hab und Gut, ja selbst Luigi im Nirgendwo verbargen. Nur zwischen dem gewaltigen Herzgestein und Fritz Müllers Wolfskin Wanderrucksack, der zwischen die leblosen Hinterbeine Luigis gepfercht war und bis hinab in die Höhle reichte, hatte sich ein kleiner Schacht erhalten, der nur spärlich von luftigen und immer wieder verwehenden Flocken bedeckt war, so dass ausreichend Sauerstoff in die Tiefen drang. Und als Joe Brown, William Miller und Tom Thompson im Morgengrauen die Kuppe erklommen, in welcher unser Schläfer lebendig begraben lag, erkannten sie ihn nicht. Zwar schnupperten und kläfften die Windhunde auffällig, doch stand ihr Geruchsinn in nur geringem Ansehen, im Grunde hatte man sie nur mitgenommen, weil sie schnell und teuer waren. Und als die drei dann mit Hilfe von irakischem Öl und einem Flammenwerfer, ein regelrechtes Fegefeuer in Gang gebracht hatten und sich in der Giftwolke über dem zügelnden Brandherd leckere Big Mäcs und Double Cheeseburger zubereiteten, waren die fröstelnden Windhunde ohnehin mit anderen Dingen beschäftigt.
Mit einem lauten „Argh“ und einem keuchenden Luftzug kam Fritz Müller zu Sinnen, den ein alter Klassiker von Linkin Park aus dem Schlaf gerissen hatte. Glücklicherweise hatte der Ghettoblaster, den die Headhunter mit einem kleinen Nuklearreaktor betrieben, genügend Saft, um Fritz Panikattacke akustisch zu ertränken, so dass er weiter unbemerkt blieb und Zeit fand, seine tickenden Gedanken in Marschtakt zu bringen. Da er außer seinem Bowiemesser keine Waffen mit sich führte, begann er aus Ermangelung besserer Einfälle alsbald damit Luigis Rippen abzufleichen und anzuspitzen. Sein Arsenal an Stich- und Wurfwaffen wuchs rasch an. Als die duftenden Burger durchgebraten waren, flaute die Musik langsam ab und ging in ein gemurmeltes Dankgebet über, Fritz verhielt sich nun ruhiger. Dann hörte er sie schmatzen und reden, „yo“, sagte Tom Thompson, „don’t you worry, Joe, we’ll get that German motherfucker and we’ll whip him, whip him hard.“ “Oh yeah”, ergänzte William Miller, “and then we’ll go to Amsterdam and smoke some pot, man.” Joe lachte fröhlich und sagte: “Sounds great, bro’, and then we fuck a few of them German bitches there in Amsterdam, I hear they like it rough.” Fritz machte dieses chauvinistische Gerede sehr ärgerlich, “unsere Frauen ficken wir selbst”, sagte er leise, doch verbissen zu sich selbst. Und wie so oft kam mit der Wut die Muse und mit der Muse das militärische Genie in Fritz zum Durchbruch. Vorsichtig brach er sich ein Stück von Luigis Oberschenkelknochen aus dem Gebein, was leichter ging als erwartet, da Luigi schon seit Jahren an Osteoporose litt. In aller Seelenruhe schabte er das Knochenmark aus der Mitte, nur ein kleines fieses Kratzen war zu hören, das in der Vorfreude der Special Ops auf Threesomes, Doggie Style Fucksessions mit aufgestelltem Bein und Cumshots ins weibliche Auge unterging. Wenn sich Fritz Müller auf eines verlassen konnte, dann war dies sein langer starker Atem. Immerhin hatte er sich seit Kindertagen nicht nur exzessiv mit Kampfkunst, sondern auch mit dem Trompetespiel befasst, ein schönes Hobby, das sich besonders in Kriegszeiten auszahlt.
Fritz Müller hatte sich Zentimeter um Zentimeter an die Oberfläche gegraben und lag nun halb Schneemann, halb Sniper zwischen Rucksack und Gestein. Ganz von Schnee bedeckt, war er kaum zu sehen, auch sein mit geschliffenen Knorpeln bestückter Blasknochen hob sich farblich kaum ab. Ein aufmerksamer Beobachter hätte wohl die aufregend grünen Augen des Blondschopfes erkennen können, der Feind war vom Gedanken an den Geschlechtsakt jedoch schon so wild geworden, dass sich die jungen Recken bereits gegenseitig an die Eier griffen, nur um sich dann wechselseitig als „fags“ zu beschimpfen. Als Tom Thompson irgendwann kichernd vor Joes Übergriffen floh und dann lange nicht wiederkehrte, vielleicht weil er irgendwo versteckt im Schnee onanierte, wusste Fritz, dass seine Zeit gekommen war. Als William sich gerade von Joe abgekehrt hatte, um in einem der Rucksäcke nach seinem Gameboy zu suchen, nahm Fritz maß, sog allen Atem in die Tiefen seiner jungen starken Lunge und blies dann mit einem mörderischen Orkan den Knorpel aus dem Knochenrohr. Das Projektil war nur für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen, dann schlug es in Joes linke blasse Schläfe ein, der junge Rekrut sackte lautlos in sich zusammen als habe er sich zu einem spontanen Nickerchen entschlossen.
Fritz Müller war mit einem Satz auf den Beinen, doch anders als William hatte der Windhund Bello den Eindringling sofort bemerkt und setzte bereits zum tödlichen Sprung an die Kehle an. Den richtigen Augenblick abpassend, ergriff Fritz den Köter im Flug selbst an der Kehle und brach ihm mit einer einhändigen, wohl eingeübten Wing Tsun Technik das Genick. William, der das Knacken gehört hatte, fuhr auf der Stelle herum und griff nach seinem Armeerevolver, doch da war Fritz schon heran und schlug kurzerhand mit dem gerade verstorbenen Windhund auf den Feind ein, bis dieser selbst den Geist aufgab. Die übrigen Windhunde hatten sich knurrend, aber mit gesundem Respekt kreisförmig um Fritz versammelt, uneins ob sie attackieren oder Demut zeigen sollten. Genau in diesem Moment ertönte ein dumpfer Knall, die Hunde stoben auseinander, Fritz ging wuchtig zu Boden, Blut spritzte aus seinem Arm. Als ein weiterer Schuss erklang, der direkt neben ihm einschlug, robbte er hastig in Deckung, kauerte sich hinter die Rucksäcke des Feindes und sah Tom Thompson, der glücklicherweise nur mit einer kleinkalibrigen Pistole bewaffnet war, auf ihn zueilen. Fritz Müller blickte panisch um sich, sah dann den Lauf eines größeren Maschinengewehrs aus dem Gepäck ragen und zog es in einem letzten Kraftakt zu sich heran. Dann versammelte er Hass und Disziplin, brachte die Waffe in Anschlag und stieß die erste Salve gen Tom. Dieser war bereits nahe genug heran, um die sich anbahnende Gefahr zu erkennen und hatte sich rechtzeitig hinter schützendem Geröll verschanzt. Nur einen Augenblick später flüchtete er hakenschlagend und jede Deckung geschickt ausnutzend hinab ins Tal, aus dem er gekommen war. Zwar versuchte Fritz das schwere Maschinengewehr herumzuwuchten und feuerte auch noch einige Male auf Tom, doch erkannte er rasch, dass er sich zunächst um seine Verletzung kümmern musste. Als er die Wunde mit Whisky desinfiziert und sodann mit einer von Joes hoffentlich unbenutzten langen Feinrippunterhoden abgebunden hatte, ließ er sich erschöpft nieder und seufzte erleichtert: er hatte sich nur einen glatten Durchschuss zugezogen, der Knochen schien unbeschädigt. Dann griff er noch einmal in die Tasche, in der er auch den amerikanischen Whisky gefunden hatte, und zog ein Glas Kirschkonfitüre heraus, er trank die süße Suppe auf einen Zug.